Die Kunst der kreativen Lebensgestaltung

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RUHE IN DIR SELBST UND IN FRIEDEN

Der Fokus unserer Aufmerksamkeit liegt auf dem Leben und den Möglichkeiten seiner Verlängerung. Der Tod wird weitgehend tabuisiert in einer auf Vitalität getrimmten Gesellschaft. Auf der anderen Seite sind wir digital unsterblich.

Durch die schwindende Bedeutung der Religionen in weiten Teilen der Gesellschaft, schwinden auch die kulturellen Rituale, die einen Menschen begleiten.

Lebensgang fördert die Debatte über den Umgang mit diesen Themen um gemeinsam herauszufinden, was Lebensqualität bedeutet und wann wir bereit sind, Abschied zu nehmen, insbesondere auch in welcher Form.

Gleichzeitig gilt es Wege zu definieren, wie wir mit unserer digitalen Geschichte umgehen.

Das Resultat davon ist eine höhere Lebensqualität, vielleicht sogar Zufriedenheit bis ans Ende unseres Lebens. Diese aktive Reflexion könnte fünf Handlungsfelder umfassen:

Bewusstsein schaffen - die Dinge erkennen, die wirklich zählen.

Im Zentrum der Fragen um die Zukunft des Sterbens steht die Auseinandersetzung mit uns selbst - mit der Tatsache unsrer Endlichkeit. Es geht darum, schon frühzeitig zu entscheiden, was uns im Leben wichtig ist, zu identifizieren, wofür es sich lohnt, Zeit, Geld und Energie aufzubringen.

Die Beschäftigung mit unserem digitalen Selbst kann bei der Entscheidungsfindung im realen Leben helfen, denn sie stärkt unser Bewusstsein dafür, dass wir etwas hinterlassen und dass wir es letztlich sind, die entscheiden, was das ist.

Das Umfeld für den letzten Lebensabschnitt neu gestalten.

Die Neugestaltung des Sterbens bedingt eine Umgebung, die nicht die Medizin, sondern den Menschen ins Zentrum stellt - von der Gestaltung von Räumen bis zur Art und Weise der Betreuung. Das Schaffen einer menschbezogenen Umwelt bedingt eine andere Logik als die eines auf Effizienz getrimmtes Spitals.

Voraussetzung für ein solches Umfeld ist es, eine persönliche Gestaltung zu ermöglichen, das Zusammensein mit Familienangehörigen zu vereinfachen und den Fokus der Pflege von der Versorgung des Körpers auf eine emotionale Betreuung auszurichten. Angebote die den sozialen und geistigen Austausch fördern.

Sich mit diesem Umfeld zu beschäftigen bedeutet aber auch, den konkreten Ort des Sterbens zu überdenken. So geben 80 Prozent der Menschen bei Befragungen an, dass sie lieber zu Hause sterben würden, effektiv sterben 80 Prozent der Menschen in dafür eingerichteten Institutionen. 

Das Lebensende in den Alltag bringen - Austausch zwischen Jung und Alt.

Die Ausklammerung von Alter, Krankheit und Tod ist zu einem wesentlichen Teil Folge der Gestaltung unseres Alltags, bei dem alte Menschen kaum noch mit der aktiven Generation der erwerbstätigen Bevölkerung oder mit Kindern zusammentreffen. Eine Voraussetzung, um mehr Bewusstsein und Verständnis zu schaffen, sind Konzepte, die ein Zusammentreffen unterschiedlicher Generationen fördern.

Dies umfasst den Bau von Siedlungen, in denen bewusst junge und alte Menschen wohnen, sich gegenseitig Unterstützung bieten: Alte Menschen helfen jungen Familien bei der Kinderbetreuung, diese unterstützen im Gegenzug die Älteren.

Eine neue Kultur des Abschiednehmens entwickeln.

In der Individualgesellschaft haben sich uns unendliche Möglichkeiten eröffnet, unser Leben - und auch unser Ableben - zu gestalten.

Trends im Markt des Sterbens schaffen eigenwillige Sargkreationen. Diese Freiheit bringt aber auch Unsicherheiten, denn immer mehr Menschen wissen nicht mehr, woran sie sich halten sollen. Auch geht in der Folge die Gemeinsamkeit in der Gesellschaft verloren.

Die religiösen Riten, welche diese Funktion über lange Zeit wahrgenommen  und damit auch eine gesellschaftliche Klammer gebildet haben, gelten für die meisten nicht mehr.

Entsprechend gilt es, über neue Rituale, Werte und Protokolle nachzudenken, die einerseits Individualität ermöglichen und auf die heutige Gesellschaft zugeschnitten sind, sowie den Sterbenden wie auch Verbleibenden Trost spenden und Antworten liefern.

Verantwortung übernehmen - Abschied nehmen geht nicht allein.

Im Kern geht es am Lebensende aber weder um Prozesse noch um Strukturen oder Design, sondern um Menschen. Die Verantwortung dafür, dass ein Mensch nicht allein stirbt, kann nicht an Institutionen delegiert werden, sie bleibt bei den Angehörigen und Freunden.

Das bedeutet, dass wir alle die Bereitschaft auf uns nehmen müssen, uns bereits im aktiven Teil unseres Lebens mit dem eigenen Schicksal auseinanderzusetzten.

Ruhe in Frieden

Gräber wird es auch in Zukunft geben. Der Friedhof wie wir ihn kennen, wird sehr wahrscheinlich keinen Bestand haben. Zumindest wir es neben dem herkömmlichen eine Vielzahl alternativer Beisetzungsmöglichkeiten geben.

In der individuellen Gesellschaft entwickeln die Menschen ihr eigenen Vorstellungen von Tod und Jenseits.

Eine immer differenzierter werdende Gesellschaft verlangt nach differenzierten Beisetzungsformen, neue Bedürfnisse erfordern neue Lösungen.

Die wohlgeordnete Welt der Friedhofskultur hat begonnen, sich aufzulösen. Bestehende Institutionen müssen in der neuen Welt ihren Platz suchen und neu finden.

Breite Akzeptanz hat das Verstreuen der Totenasche auf einem Feld, oder über Wälder, Wiesen oder Wüsten. Werden die Natur und die ganze Welt zu einem Friedhof?

Postmoderne Bestattungsformen

Der Bestattung an sich fehlt es auch künftig nicht an einer geistigen Dimension, aber die postmoderne Religiosität wird nicht mehr im herkömmlichen Sinn konfessionell geprägt sein.

Naturbestattung, Ahnenstätte, Grabgestaltung nach Feng-Shui und Zen-Regeln.

Eine anderer Höhepunkt funeraler Zukunftsperspektiven bilden im wörtlichen Sinne das Projekt der “Grossen Pyramide", die als globaler Bestattungsplatz auf Grundfläche von 220 mal 220 Metern mit einer Höhe von 578 Metern Raum für 41.8 Millionen Beisetzungen bieten und vor den Toren von Dessau (Sachsen-Anhalt) entstehen soll: “Die Grosse Pyramide dient potentiell jedem Menschen als Grab. Sie steht Angehörigen aller Nationalitäten und Religionen als ebenso monumentale wie preiswerte Grabstätte zur Verfügung. Steine um Stein wächst sie mit jeder Bestattung und wird das grösste Bauwerk der menschlichen Kultur. Die eigene körperliche Existenz zu überdauern, konnten die ägyptischen Pyramiden nur wenigen versprechen. Nun steht dieser Weg allen Menschen offen. Statt unseren Körper verscharren oder seine Asche ausstreuen zu lassen, können wir als kleiner Stein der Pyramide Teil des sich stetig wandelnden und wachsenden Gemälde unserer Spezies bleiben.”

Dies die Idee der Grossen Pyramide. Die Idee lässt sich sehr wahrscheinlich nicht realisieren, da ein globaler Bestattungsort für alle Menschen im Widerspruch zum weit verbreiteten Individualismus steht.

Auch Lebensgang setzt sich mit dem Ableben auseinander und erkundet alternative Formen kultureller Rituale und Bestattungsformen.

Mehr zum Thema: Projekt Lebensgang Kulturpark (Link - Start virtuell)